Sonntag 25.07.04
in Santiago
– Fahrzeit – h – Wegstrecke – km – Summe 2148km – Temperatur bis 20-30°C
Das war eine kurze Nacht. Um sechs in der Früh werde ich schon wieder vom Lärm meiner lieben Mitpilger geweckt. Weiß der Himmel, was sie so früh am morgen schon vorhaben. Eine Stunde später stehe ich auch auf und begebe mich, nach einem Minifrühstück in der Bar nebenan, zum Gottesdienst um acht. Über irgendwelche Quellen war durchgesickert, dass wegen der Anwesenheit des Königs nur ein ausgesuchtes Publikum Zugang zum Hochamt um zehn Uhr hat. Deshalb entscheide ich mich für die sonntägliche „Frühmesse“. Ich komme auch pünktlich ein paar Minuten vor Beginn auf den Platz, wo ich zunächst von der Guardia Civil angehalten und kontrolliert werde. Ich erfahre von ihnen es sei eine Sicherheitsmaßnahme zum Schutz des Königs, jeder Passant muss die Kontrolle über sich ergehen lassen. Ich mache mein Rad irgendwo fest, aber kann die Kirche nicht betreten, weil vor beiden Eingängen eine lange Menschenschlange wartet.
Auch ich stelle mich hinten an. Acht Uhr ist längst vorbei, die Messe hat längst begonnen. Es ist inzwischen halb zehn, als ich beim Eintreten in die Kirche noch zwei Mal gründlich gefilzt werde. Die Frühmesse ist gerade zu Ende, die Schlange hatte sich also schon für das Hochamt angestellt. Dann bekomme ich diesmal ja einen Sitzplatz, denke ich bei mir. Aber weit gefehlt die wenigen nicht reservierten Plätze sind bereits besetzt und so finde ich den gleichen Stehplatz wie im vergangen Jahr an der gleichen Säule des Hauptschiffes wieder, da kann ich mich wenigsten anlehnen.Der König hat sicher noch nicht ausgeschlafen, denn die Messfeier beginnt statt um 10 um 10:45 Uhr, nach dem Einzug aller Honoratioren, des gesamten Klerus kommt zuletzt der König Juan Carlos und seine Frau.
Es war gar nicht so feierlich, fand ich, besonders die „Gläubigen“ auf den reservierten Plätzen, noch halb im Schlaf und gar nicht besonders andächtig, scheinbar wenig auf die Feier konzentriert, es scheint sie sind nur gekommen um gesehen zu werden, und wären besser im Bett geblieben, um ihren Rausch auszuschlafen. Für sie ist es mehr eine Pflichtshow. All die vielen Pilger sind heute nur Komparsen, auch wenn sie einen noch so weiten Weg hinter sich haben, sie bekommen doch keinen Platz.
Hoffendlich wird später im Himmel mit anderen Maßstäben gemessen, dass man da oben nicht auch, je nach Rang, Namen oder Geld, den entsprechenden Logenplatz erhält. Nach dem Pontifikalamt vetrödele ich den Rest des Tages regelrecht, ich schlendere durch die Stadt, treffe unter anderem die französische Gruppe von Mellide wieder, verweile eine Zeit auf meinem Lieblingsplätzchen, der Plazuela de Fonsecca, nehme bei San Martin mein Mittagessen und schiebe etwas enttäuscht vom heutigen Tag mein Rad wieder zurück zur Herberge.
Ute und Hannah sind wieder zurück von Fisterra, das erkenne ich an dem zweiten Rucksack in der Ecke und gegen Abend kommen sie auch aus der Stadt zurück. ……Santiago möge mir meine kritischen Äußerungen von heute Morgen verzeihen. Morgen heißt es also Abschied nehmen, ich habe mir heute auch nichts Besonderes mehr vorgenommen. Wird das alles klappen mit dem verpacken des Rades für den Transport, mit der Busfahrt, mit dem Rückflug?
Noch einmal ein letzte Herausforderung, der Kölner sagt:
„Et hät noch emmer jot jejange“