25. Tag

Dienstag 20.07.04
von O Cebreiro nach Portomarin
– Fahrzeit 4,5h – Wegstrecke 70km – Summe 2046km – Temperatur um 14-28°C

Gestern Abend spät war Karl aus Bayern noch zu uns gekommen; klatschnass bis auf die Haut kam er durch den Regen hier herauf und hat die Nacht mit uns hier oben im Armeezelt verbracht. Als ich am frühen Morgen aufwache mag ich wegen der Kälte erst gar nicht aus meinem warmen Schlafsack aufstehen, denn draußen ist es recht frisch. Ich stehe doch auf, die Regenfront hat sich verzogen und der Himmel ist noch sternenklar, 9° sind es draußen. So machen wir uns gegen sieben Uhr auf den Weg, mit entsprechender Bekleidung gegen die Kälte gut ausgestattet, denn bald kommt ja noch der Fahrtwind der langen Abfahrt dazu. In kaum einer viertel Stunde bin ich in Linares, die Stelle, für die ich im letzten Jahr zwei Stunden gebraucht hatte, weil ich im Nebel in die Irre gefahren war.

Adònde vai peregrino? oder der ewige Pilger am Alto do Poio

Adònde vai peregrino? oder der ewige Pilger am Alto do Poio

auf dem Weg nach Westen, vor uns unsere Schatten

auf dem Weg nach Westen, vor uns unsere Schatten

am Alto do Poio

am Alto do Poio

 Malven am Wegesrand

Malven am Wegesrand

Alto do Poio (1335 m), danach folgt die steile Abfahrt nach Samos, einem berühmten, alten Kloster. Luis hat an Karl einen neuen Begleiter gefunden, sie sind sich sprachlich und auch mental etwas näher und ich bin gar nicht böse, als die beiden sich von mir absetzen. Wenig später komme ich an einen Rastplatz, der sich für eine Frühstückspause eignet und gleich nebenan ist ein Maisfeld, die Kolben sind noch recht klein, also ideal für eine Mahlzeit. In Villar de Sarria halte ich vor einem Mercado, um mich für den Tag mit dem Nötigsten zu Versorgen. Bald darauf bin ich schon wieder dem Trubel der Stadt entflohen und erfreue mich an der Stille der Natur. An einem schattigen Baum lege ich eine kleine Rast ein , weil da eine Gedenktafel für den französischen Pilger, Prospèr Remmy aufgestellt wurde. Gerne halte ich inne, lese sein Gedicht und denke an ihn.

Poème d’un (futur) pèlerin
de Prosper RemmyAh quand pourrais-je aller là où mon cœur m’appelle
au loin là-bas vers Saint Jacques de Compostelle?
M’aventurer sur la route des pèlerins
vers laquelle convergent tant de beaux chemins.

Je pérégrinerai et par monts et par vaux,
en vélo ou à pied à genoux s’il faut.
Dans le vent, sous la pluie et au feu du soleil,
chaque jour partirai, dès le premier réveil.

Des haltes je ferai aux nombreux sanctuaires,
des époques de foi, superbe reliquaires
Contemplant les sépulcres, Évangiles en pierre,
à celles des croyants, j’unirai ma prière

Enfin rendu là-bas, tout au bout de la terre,
je rendrai grâce à Dieu pour l’étape dernière.
En Église devant la tombe de l’Apôtre,
déposerai mes vœux, ainsi que tous les vôtres:

Grand Saint Jacques, envoyé au lointaines rivages,
Étoile dans la nuit de nos pèlerinages,
quel que soit le chemin, direct ou tortueux
fait que nous progressions dans notre marche vers Dieu.

Prosper Remmy a rencontré son Seigneur
sur la route de Saint Jacques de Compostelle,
le 17 août 1989 agé de 58 ans

Gedicht eines (zukünftigen) Pilgers
von Prospère Remmy
freie Übersetzung des AutorsOh, wann endlich wird mein Herz mir sagen:
Jetzt musst du dich auf die Pilgerfahrt begeben,
nach Santiago ziehen, mutig sollst du es wagen
herrliche Wege bergauf und bergab zu erleben“.

Also fahr ich dahin, über Berg und Tal
zu Fuß, mit dem Rad oder gar auf den Knien,
durch Hagel, Hitze und Kälte und Regen zumal,
tagtäglich in aller früh werd ich weiterziehen.

An manchem Heiligtum werde ich innehalten
steinerne Botschaften christlichen Glaubens zu sehen
werd betrachten der Skulpturen heilige Gestalten
und durch ihre Fürbitte unser Heil erflehen.

Endlich in Santiago angekommen,
in der Kathedrale am Apostelgrab,
Gott, tief im inneren hat mein Herz dich vernommen,
dankbar lege ich ab Mantel, Sack und Pilgerstab.

Großer Heiliger Jakobus, uns gesandt aus der Ferne,
begleite uns auf all unseren Wegen,
führe uns auf dem Pfad der Sterne
bis zur letzten Etappe immer mehr unserm Herrgott entgegen.
Prosper Remmy ist auf dem Weg nach
Santiago de Compostela seinem Herrn begegnet.
am 17. August 1989 im Alter von 58 Jahren

die Gedenktafel an den französischen Pilger Prosper Remmy

die Gedenktafel an den französischen Pilger Prosper Remmy

Kurz vor Portomarin kaum 100 Kilometer vor dem Ziel steht diese Gedenktafel in Erinnerung an ihn. Ich hatte das Glück nun schon zum zweiten Mal in Santiago anzukommen und bin wieder heil zu Hause angelangt.

Jeder erreicht irgendwann einmal das Ziel seines irdischen Lebensweges. Ich frage mich, ob er wohl glücklich und zufrieden gestorben ist?

der Autor beim Mittagessen

der Autor beim Mittagessen

Wenig später sitze ich wieder an dem gleichen Brunnen wie voriges Jahr und bereite mir mein Mittagsmahl. Das sind immer die schönsten Momente des Tages, wo ich nach dem Essen im Schatten ein wenig Siesta halten kann, um der brütenden Sonne zu entgehen. Bis Portomarin ist es nun nicht mehr weit und komme bald an die Brücke, um den Stausee zu überqueren. Das neue Portomarin wurde ja in den Jahren 1960, während der Stausee errichtet wurde auf der Anhöhe wieder aufgebaut. und sie haben gleich ihre Kirche mitgenommen, während des Abbruchs wurden die Steine Stück für Stück nummeriert und oben mitten in der neuen Stadt wieder aufgebaut. Die alte romanische Kirche erinnert an die feste Burg aus dem Kirchenlied. Diesmal bekomme ich sogar einen Platz in der Herberge und muss nicht in der Sporthalle schlafen.

Reiseweg
zum 26. Tag

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