Montag – 21.07.2003
von Portomarin nach Arca – nur noch 91 km bis Santiago
Eigentlich wollte ich ja früh aufstehen wie gewohnt aber ich war von den anstrengenden Etappen der vergangenen Tage noch so müde und so bin ich nach der Morgentoilette und dem Frühstück erst um viertel vor neun fahrbereit. Es sind ja keine 100 Kilometer mehr bis zum Ziel. Zum einen treibt mich zwar die Ankunftserwartung zum andern habe ich ja genug Zeit, da ich ja erst übermorgen ankommen muß. Ich fahre abseits der Straße in einem mit Bäumen überdachten Hohlweg hinein und bin nun auf dem wahren Camino, der ist beschwerlicher, holpriger, mit kurzen Strecken steil bergauf und bergab. Da muss ich öfters mal absteigen. Der Weg ist manchmal matschig, manchmal steinig, herausragende Baumwurzeln wachsen quer über den Weg. Ich muss aufpassen, doch verlaufen kann ich mich nun nicht mehr, weil die Spur des camino von zahllosen pilgern Menschen markiert ist. Immer öfter überhole ich Fußpilger, alleine, zu zweit, zu dritt, größere und kleinere Gruppen.
Manche sind ganz still mit sich selbst beschäftigt, manche reden fröhlich, ja fast ausgelassen miteinander, manche singen, manche beten. Ich komme mit dem Führer einer Gruppe Behinderter ins Gespräch, weil sie mit ihren Rollstühlen mitten auf einem Wegkreuz mir kein Wahl lassen, vom Rad abzusteigen. Sie haben einen kleinen Begleitbus, für den Fall, dass einem der Behinderten die Puste ausgeht. An einem Bauernhof steht ein großer Topf mit Kaffee, heißer Milch und Zucker, auf einem Pappkarton steht, Jeder Pilger kann sich hier gratis bedienen. Auch ich nutze das freundliche Angebot und fülle meinen Allroundbecher bis zu Rand. Das tut gut, belebt und erfrischt.
In Santa Irene treffe ich Resi und Barbara wieder, sie suchen wie ich eine Herberge. Es scheint so, je näher man dem Ziel kommt, um so schwieriger wird es, noch einen Herbergsplatz zu finden. Also fahre ich weiter nach Arca. Hier kann ich erstmalig mein Zelt ausprobieren, weil die Herberge bis auf den letzten Platz besetzt ist. Ich fahre zum Einkaufen ins nächste Dorf, um mir Butter, Ei, Brot und Früchte zu besorgen bei meiner. Rückkehr sitzt am Tisch vor meinem Zelt ein Ehepaar aus Parma. Wir kommen ins Gespräch und sie bieten mir Brot Käse und Wein an. Später am Abend koche ich mir dann noch die unterwegs mitgenommenen Maiskolben, eine asketisch Mahlzeit in Salz und Olivenöl gekocht und nachher mit Butter bestrichen einfach köstlich, dazu Brot und Wasser, Käse Früchte und Tee zum Nachtisch. Hier draußen, in der klaren, frischen Luft zu schlafen, ist herrlich, warum habe ich es nicht schon eher ausprobiert? Nur gegen morgen wird es vom Tau etwas feuchter und auch ein bisschen kühl. Ich werde mir für eine kommende Tour bestimmt einen besseren Schlafsack leisten, vom dem Billigzelt ganz zu schweigen.