13. Tag

Freitag 05. August 05
Vigévano – Tortona – Genua
Fahrzeit 9:00 h – Tages-km 155 – Gesamt-km 1317 – Temperatur 22-35°C
– erkletterte Höhenmeter 4342 m

Beim Aufwachen mache ich mir so meine Gedanken. Dabei überschlage ich schnell mal, die Kilometer, die noch vor mir liegen. Das sind ja höchstens noch 600 km bis zum Ziel. Wenn ich in Genua ankomme werde ich es ganz genau wissen. Da bin ich nämlich an der Via Aurelia, die zählt schon seit der Römerzeit ihre Entfernung von Rom aus. Mal sehen wie weit ich heute komme. Also Katzenwäsche, heute mal kein Frühstück und so schnell wie möglich hier weg. Die Kirchturmuhr schlägt gerade sieben als ich wieder durch Vigévano fahre. Im nächsten Dorf beschließe ich anzuhalten und diesmal ein Frühstück auf italienisch zu halten. Draußen vor einer Bar setze ich mich zu den Anderen mit einem café latte und einem cornetto. Schnell sammelt sich eine Schar Neugieriger um mich, denn so einen Tourist sieht man nicht alle Tage. Als sie von mir erfahren: Sono tedesco, vorrei venire a Roma, da sind sie ganz begeistert. Sagt da die Frau zu ihrem Mann, so was solltest du auch mal machen. Darauf habe ich aber gleich einen Einwand: Und das wichtigste ist, dass du die Erlaubnis deiner Frau bekommst wie ich, sonst hat das ganze Vorhaben keinen Zweck. Großes Gelächter bei den Anderen, , doch die beiden werden gleich etwas kleinlaut

Mais- und Reisfelder soweit das Auge reicht

Mais- und Reisfelder soweit das Auge reicht

lautlos fließt der Po dahin

lautlos fließt der Po dahin

Wenig später bin ich wieder alleine auf weiter Flur das Land ist eben wie ein Tischtuch links Mais- rechts Reisfelder oder umgekehrt, und da habe ich auch schon die Lange Brücke vor mir, die mich über den Po führt. Wieder mal ein Fluss, ein Stück Lebensweg dem ich hier begegne, Der Po vielleicht noch 350 km vom Meer entfernt strebt hier breit und behäbig, völlig lautlos unaufhaltsam seiner Mündung entgegen.

Als ich endlich in Tortona ankomme merke ich, dass ich an diesem Morgen etwas getrödelt habe. Warum auch nicht, denke ich bei mir, ich habe ja genug Zeit, kann anhalten, wo ich Lust dazu verspüre, und habe keinen Grund zur Eile. Ich war im Dom, habe mir nachher nebenan im Vikariat nach Jakobs-Pilgerart einen Stempel geholt, da hat mir ein freundlichen Priester auch noch ein paar Worte dazu geschrieben: „Al peregrino tanti auguri, saluti e di santita“ (dem ilger alles Gute, Heil und Gesundheit). Dann mache ich Mittagspause auf einer schattigen Bank in einem kleinen Park. Gegen 14:30, gerade als ich weiterfahren will, kommt Silvain an ein junger Franzose, auf mich zu. Sein Rad ist mindestens doppelt so schwer bepackt wie meins, und als ich ihm nach dem Woher und Wohin frage, erzählt er mir, ich komme aus Lyon, bin 23 Jahre, habe gerade meine Ausbildung beendet und weil ich nicht gleich eine Arbeit fand, habe ich nun schon seit einer Woche eine Weltreise begonnen, die zwei Jahre dauern soll. Das fasziniert mich, und wir kommen weiter ins Gespräch. Gerne hätte ich mich noch ein wenig länger mit ihm unterhalten, er will jedoch noch essen gehen und ich will weiter. Während ich den Ort verlasse, frage einmal mehr nach dem Weg; da bekomme ich eine freundliche, sehr plausible Antwort. Nach Genua, das ist immer der Sonne nach und später dreht sie noch ein wenig nach rechts. Tortona liegt am Fuß des Ligurischen Appenin; die eintönige Poebene ist zuende und man steigt langsam durch ein weites Tal hinauf ins Gebirge. Meine Gedanken sind noch bei dem Weltenbummler von vorhin und ich denke an sein phantastisches Vorhaben. Nach dem Essen lasse ich es immer etwas langsamer angehen, weil sich der Körper aus der Ruhe in die Bewegungsphase erst wieder umstellen muss. Deshalb fahre ich in der ersten halben Stunde, ob unbewusst oder absichtlich, etwas träge, und es wundert mich nicht, dass Sylvain mir von weitem zuwinkt und sich offensichtlich beeilt hat, mich einzuholen. Wenn die „Wellenlänge stimmt, das merkt man recht schnell. Wir beschließen, gemeinsam über den Pass zu fahren, und vielleicht den Abend zusammen zu verbringen. Der junge Franzose nimmt mich ganz schön ins Schlepptau, und so kommen wir recht zügig weiter. In zahllosen Windungen und Kehren schlängelt sich die gut ausgebaute Straße durch das Tal der Scivia hinauf, begleitet von der Autobahn und einer Bahnlinie die gleichfalls durch den immer enger werdenden Trichter wollen. Der Passo dei Giovi, 472 m, ist doch nicht so gewaltig möchte man meinen, doch liegt der Po etwa auf 50 m. Vergleichsweise ist das schon sechsmal soviel wie unser Hausberg von der Ruhr zu uns herauf nach Hause. Die Abfahrt nach Genua hinunter geht rasend schnell und plötzlich bin ich schon in der nähe des Hafens, dort wo großen Fährschiffe anlegen. Leider habe ich an einer Ampel meinen jungen Begleiter verloren und fahre nach einer viertel Stunde Wartens alleine weiter. Ich folge dem Hinweis „Centro“ und bin plötzlich auf einer autobahnähnlichen Hochbrücke ohne jeglichen Randstreifen. Einige Autofahrer rufen mir freundlich zu „Verboten für Radfahrer“ aber was soll ich machen? Zurück? Unmöglich, da muss ich jetzt durch, erst nach 5 km gibt es die Abfahrt mitten in der Stadt.

eine heitere Scene an der Levante

eine heitere Scene an der Levante

Bougainvillea über einer Mauer

Bougainvillea über einer Mauer

Plumbago entlang der Via Aurelia

Plumbago entlang der Via Aurelia

und noch eine Bucht an der Levante

und noch eine Bucht an der Levante

Der Zufall will es so, dass Silvain mich oben auf der Brücke gesehen hatte und erneut versucht, mich einzuholen, was ihm auch gelingt. Weit außerhalb von Genua gibt es in Bogliasco einen Camping; um jedoch dahin zu kommen, müssen wir aber 2 km einen steilen Berg hinauf. Syllvain kennt meine Absicht, jetzt immer dem Meer entlang nach Rom zu fahren, er hat mir dagegen angedeutet, er wolle den Umweg über Florenz nach Rom machen, was wesentlich anstrengender ist. Ich bin sensibel genug, nachzuempfinden, dass er vielleicht alleine weiter möchte und sage deshalb meinerseits, ich will morgen alleine weiter. Ich hatte mich doch getäuscht, denn nach meiner Rückkehr von Rom erhielt ich von ihm eine e-mail, wo er zum Ausdruck bringt, wir hätten ja gemeinsam bis Rom fahren können. Am Abend bereiten wir uns unser Essen, zu seinem Reisgericht kann ich vorher eine meiner Suppen, und nachher einen Tee beisteuern.

Reiseweg
zum 14. Tag

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