28. Tag

Freitag 23.07.04

mit dem Bus von Santiago nach an das „Ende der Welt“
– Fahrzeit 2,5 h – Wegstrecke – km – Summe 2148km – Temperatur 16-30°C

Noch fünf Tage bin ich unterwegs, dann bin ich am Ende meiner Pilgerreise angelangt und damit nähere ich mich auch dem Ende meines Berichtes. Die Vielzahl der Besucher auf meiner Website hat mir großen Ansporn dazu gegeben, den „Tatsachenbericht“ wie versprochen, so schnell wie möglich zu veröffentlichen. Ich würde mich über jede Äußerung freuen, sei es als Anregung, sei es als Kritik, wie man es besser machen kann. Das kann entweder als Eintragung in mein Gästebuch, für jeden erreichbar, geschehen oder etwas persönlicher auch als E-Mail erfolgen. Gerne werde ich, falls gewünscht und wie es meine Zeit erlaubt, die einkommenden Nachrichten, der Reihe nach beantworten.

Heute bin ich erst um halb acht aufgestanden. Ute, Hannah und ich machen uns wie verabredet nach dem Frühstück gemeinsam auf den Weg und laufen zu Fuss etwa 10 Minuten zum Busbahnhof. Es folgt eine 2 1/2 stündliche Schaukelfahrt in einem nicht gerade komfortablen Vehikel durch eine sehr grüne Landschaft mit ausgedehnten Eukalyptuswäldern. Wir durchqueren eine stark zerklüftete Landschaft mit vielen Bergen und Tälern und nur wenige kleine Orte dazwischen. Nach einer recht kurvenreichen Fahrt gelangen wir dann endlich ans Meer und noch etliche Kilometer weiter die Endstation im Städtchen Fisterra. Von da aus marschieren wir auf einer schmalen Landstraße steil bergauf zum Kap. Ich fühle mich heute gar nicht so fit wie sonst, bepackt mit einem nicht einmal schweren Rucksack mache ich erste Erfahrungen, wie es wäre, müsste ich jetzt zu Fuß nach Hause gehen. Jedenfalls würde ich das Radfahren vorziehen, selbst wenn ich noch mehr Gepäck auf dem Rad hätte. Oder muss ich es erst noch lernen, mich an das Laufen und tragen einer Last zu gewöhnen? Das war einer knappe Stunde Fußmarsch und wir sind hier oben am Cabo Finisterra, dem Ende der Welt angekommen.

nur noch ein Katzensprung bis zum Ende der Welt

nur noch ein Katzensprung bis zum Ende der Welt

am Cabo Finisterre vor uns der Atlantik

am Cabo Finisterre vor uns der Atlantik

das endgültige Ziel der Pilgerreise

das endgültige Ziel der Pilgerreise

Hier steht ein letztes Pilgerzeichen, gleichsam symbolisch zeigt die Pilgermuschel nach unten als wolle sie sagen: Halt, hier ist dein Weg nun zu Ende, hier bist du am äußersten Ziel deiner Pilgerfahrt angelangt, hier musst du jetzt umkehren. Für mich bedeutet das aber keinesfalls Resignation, ich fühle, jetzt habe ich es endlich geschafft, jetzt kann ich mich endlich wieder auf den Heimweg machen. Eine ganze Zeit lang sitzen wir da oben bei dem schlichten Pilgerkreuz aus Granit und schauen schweigend hinaus auf den weiten, ewigen Ozean. Das Relief darunter zeigt Santiago als Pilger mit geschlossenen Buch in der Hand, als wolle er damit sagen, du brauchst nicht mehr darin zu lesen, jetzt hilft nur noch dein Glaube. Seit Jahrhunderten, ja Jahrtausenden erreichen Pilger dieses Ziel.

eine Pilgergruppe am letzten Kreuz

eine Pilgergruppe am letzten Kreuz

Santiago mit geschlossenem Buch

Santiago mit geschlossenem Buch

Welche Gedanken mögen all diese Menschen beim Anblick dieses Naturschauspiels gehabt haben? Mit welchen Gefühlen sind all jene wieder heim gezogen, als sie von diesem Ort wieder Abschied nahmen, nachdem sie die Grenze der Erde gesehen hatten?

Zu uns hat sich noch Sonja aus Küssnacht gesellt und weil wir alle Hunger verspüren, lade ich die drei ins nächste Restaurant gleich beim Leuchtturm zum Essen ein. Was hatte Corine noch vor ein paar Tagen in Astorga übers Revanchieren zu mir gesagt?…… jetzt hielt ich den Augenblick für geeignet.

Später suchen wir uns auf dem Rückweg eine kleine Sandbucht, an der man vielleicht die Nacht verbringen könnte. Nach dem zwei Versuchen, über gefährlich steil abfallende Klippen, durch eine dornenreiche Macchia zum Strand zu gelangen, brechen wir unser Vorhaben sicherheitshalber ab.

die Sandbucht bei Fisterra, das letzte Mal im Zelt

die Sandbucht bei Fisterra, das letzte Mal im Zelt

Ausblick in die Zukunft die Dolde des wilden Fenchels ist noch nicht erblüht

Ausblick in die Zukunft die Dolde des wilden Fenchels ist noch nicht erblüht

Fast schon wieder in Fisterra finden wirganz nahhe am Ortseingang tief unter uns doch noch eine kleine einsame Sandbucht, die uns geeignet erscheint. Hier schlage ich mein Zelt zum letzten Mal auf. Drei Deutsche haben auch noch den Weg hierher gefunden eine Frau und zwei Männer, die bis tief in die Nacht hinein für sich eine kleine Feier veranstalten. Ich schlafe schon lange in meinem Zeltchen, da werde ich geweckt von Freudenrufen und sehe durchs Zelt einen hell flackernden Schein. Erst am nächsten Morgen stellt sich heraus, die drei, eine Psychologin und zwei Theologiestudenten hatten ein Feuer angezündet und gleichsam symbolisch ihre alten Pilgerkleider abgelegt und verbrannt. Da war doch was? Ach ja, in der Osterliturgie gibt es ein ganz ähnliche Beschreibung vom Ablegen der alten und Anziehen der neuen weißen Kleider. Ob die drei nun ein neues Leben beginnen werden? So schnell werde ich die ganze Begebenheit nicht vergessen. Der Ausflug hierher hat sich schon deswegen gelohnt, weil er mir einen neuen Lebensaspekt gratis dazugegeben hat.

Reiseweg
zum 29. Tag

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