Mittwoch – 16.07.2003
von Carrion de los Condes nach Mansilla de las Mulas (noch 417 km bis Santiago)
Es ist früh am Morgen. „Frère Jacques,“ heißt es in einem alten französischen Kinderlied. Es erinnert an den Jakobspilger, der früh aufstehen muss, um sich auf den Weg zu machen; denn wenn er zu spät losgeht kommt er unter der sengenden Sonne nicht mehr weit und muss seine Tagesetappe frühzeitig beenden.
Als Radfahrer hat man es da schon etwas leichter, weil ja der Weg auch mal bergab geht, hat man dann den kühlenden Fahrtwind. Das ist eine recht angenehme Abkühlung auch bei großer Hitze. Um halb acht, nach einem Minifrühstück, sind wir bereit zur Abfahrt, sitzen schon wieder in unseren Sätteln und fahren durch sanft hügeliges weites Land. Udo, ein Österreicher, den ich am Abend vorher in der Küche traf, hat sich uns heimlich angeschlossen. Er hat von Wien aus kommend bereits über 2500 km hinter sich gebracht und fährt mit einem „Sparrad“, dem ich, verglichen mit unseren „Hightec-Rädern“, nicht all zu viel zutrauen würde. Aber, so sagt er, er sei noch überall ohne große Probleme gut durchgekommen.
In Sahagun angekommen, schlage ich vor, eine Abkürzung auf einer kleineren Straße zu nehmen, die uns auf 40 km Länge sicher 10 km ersparen würde. Alles folgt mir und hört auf mein Kommando, doch erst landen wir einmal auf einem besseren Feldweg und als wir dann endlich
die Straße erreichen befinden wir uns auf einer Baustelle. Zwar können wir den Original Camino Fußweg benutzen aber auch der ist beschwerlich und sehr holperig. So war das auf den ersten 12 km. Doch auf einmal gelangen wir auf einen herrlich asphaltierten Weg und kommen zügig weiter. Ich glaube alle haben mir meinen kleinen Irrweg verziehen und alle sind froh, dass wir so früh am Nachmittag in Mansilla de las Mulas ankommen. Mit Rast für die Maultiere versuche ich meinen Mitpilgern den Ortsnamen zu deuten. Ich kann mir gut vorstellen, dass hier früher die Maultiere gewechselt wurden. Ich schlafe mit Udo auf einem Zimmer. Der badet sich erst einmal ausgiebig während ich meine Wäsche wasche.
Das Hostal, in dem wir übernachten, zu Abend essen und auch frühstücken trägt den wonnevollen Namen Las Delicias. Ich stelle mir vor, wie sich mancher Pilger in früheren Zeiten nach einer anstrengenden Etappe unter der sengenden Sonne wohl gefühlt haben mag, nachdem er in einer solchen Herberge gut bewirtet und herrlich ausgeruht weiter ziehen konnte. Wir sind hier für knapp 15 Euro pro Person komplett bewirtet worden, mit einem vorzüglichen Abendessen, dazu Übernachtung und Frühstück. „all inklusiv“